Die voranschreitende Digitalisierung bringt auch im Gesundheitswesen einige Neuerungen mit sich. So greifen immer mehr Arztpraxen und Krankenhäuser auf vielfältige Softwareprodukte und Apps zurück, um digitale Unterstützung bei der Betrachtung und Auswertung medizinischer Befunde zu erhalten. Für Anwender und Betreiber ist es wichtig zu wissen, ob es sich bei der Software um ein Medizinprodukt handelt. Dann müssen sie nämlich die für Medizinprodukte geltenden Gesetze und Vorschriften beachten. Ab wann eine Software als Medizinprodukt gilt und welche gesetzlichen Rahmenbedingungen die ärztlichen Anwender dabei einhalten müssen, haben wir für Sie zusammengetragen.
Definition Software als Medizinprodukt
Mit der neuen Europäischen Medizin-Produkte-Verordnung (MDR), die seit Mai 2017 in Kraft ist, haben sich Definition und Klassifizierung von Software als Medizinprodukt nicht nur verändert, sondern auch verschärft. Bei der Definition muss man zunächst in verschiedene Arten von Software unterscheiden:
- Eigenständige Software, die kein Medizinprodukt ist,
- Standalone Software, die ein eigenständiges Medizinprodukt ist,
- Embedded Software, die Teil eines Medizinprodukts ist,
- Software, die Zubehör eines Medizinprodukts ist.
Eine aktuelle Definition von Software als Medizinprodukt gibt das Guidance Document der Medical Device Coordination Group (MDCG). Hier heißt es:
„Medizinprodukte-Software ist Software, die dazu bestimmt ist, allein oder in Kombination für einen Zweck gemäß der Definition eines ‚Medizinproduktes‘ im MDR oder IVDR verwendet zu werden, unabhängig davon, ob die Software unabhängig ist oder die Verwendung eines Gerätes steuert oder beeinflusst.“ (eigene Übersetzung)
Demnach gilt Software auch dann als Medizinprodukt, wenn diese ein Teil oder Zubehör eines Medizinprodukts ist. Bei der Klassifizierung ist die Zweckbestimmung des Herstellers entscheidend.
Auf die Zweckbestimmung kommt es an
Software ist demnach immer dann als Medizinprodukt zu behandeln, wenn sie den Zweckbestimmungen nach Artikel 2 der MDR entspricht. Dabei handelt es sich allgemein um die Diagnose, Verhütung, Therapie, Linderung oder Überwachung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen.
Dass die Grenzen bei der Zweckbestimmung fließend sein können, beweist das Beispiel von Fitness Tracker Apps. Wenn der Hersteller sagt, dass die Erfassung der Herzfrequenz-Daten nur der Dokumentation dient, liegt kein medizinischer Zweck vor. Folglich fällt die Software auch nicht unter die Kategorie Medizinprodukt. Gibt der Hersteller jedoch an, dass Ärzte die Herzfrequenz-Messungen nutzen können, um eine Diagnose zu stellen und darauf basierend eine Therapie einzuleiten, handelt es sich sehr wohl um einen medizinischen Zweck und folglich auch um ein Medizinprodukt.
Beispiele für Software als Medizinprodukt
Verschiedene Anwendungen können unter die Klassifizierung Software als Medizinprodukt fallen. Dazu zählen u.a.:
- Websites, z.B. zur Diagnose von Krankheiten
- Web-Services
- Dokumentenmanagementsysteme, z.B. zur Verlaufskontrolle bei Therapie
- Krankenhausinformationssysteme (KIS)
Nutzen der Zertifizierung
Medizinprodukte unterliegen einer besonderen Qualitätssicherung. Damit will man Gesundheit und Sicherheit von Patienten und Anwendern gewährleisten. Wenn Mediziner also Software verwenden, die als Medizinprodukt klassifiziert ist, können sie sicher sein, dass es sich dabei um qualitätsgesicherte Produkte handelt, die höchsten Sicherheitsstandards entsprechen. Im Schadensfall kann der Arzt somit direkt belegen, dass er seiner Organisationsverantwortung nachgekommen ist und nicht fahrlässig gehandelt hat. Medizinprodukte müssen die CE-Kennzeichnung tragen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob es sich bei einer Software tatsächlich um ein Medizinprodukt handelt, sollten Sie nach dieser Kennzeichnung Ausschau halten.
Software als Medizinprodukt: Pflichten von Anwendern und Betreibern
Die Klassifizierung als Medizinprodukt geht aber immer auch mit einer Reihe von Pflichten für Hersteller, Betreiber und Anwender einher. Für Mediziner ist es wichtig zu wissen, ob eine Software als Medizinprodukt klassifiziert ist, dann unterliegt sie nämlich den Anforderungen aus dem Medizinproduktegesetz (MPG) und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV).
So setzt die MPBetreibV bspw. voraus, dass nur Personen ein Medizinprodukt betreiben oder anwenden dürfen, die über die dafür erforderliche Ausbildung, Kenntnis oder Erfahrung verfügen. Zudem schreibt die MPBetreibV regelmäßige Prüfungen für Medizinprodukte vor, die spätestens alle zwei Jahre wiederholt werden müssen.
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