Fehlerhafte Medizinprodukte: Mehr Sicherheit dank neuer EU-Verordnung?
Immer wieder geraten fehlerhafte Medizinprodukte in den Fokus der Öffentlichkeit. So geriet die französische Firma PIP 2010 auf internationaler Ebene in die Kritik, als herauskam, dass diese minderwertige Brustimplantate in den Verkehr gebracht hatte. In der Folge beschloss die EU ein neues Regelwerk, das im Mai 2020 verbindlich wird. Obwohl die überarbeitete EU-Verordnung bereits im Mai 2017 in Kraft getreten ist, war zuletzt bereits wieder von einem starken Anstieg fehlerhafter Medizinprodukte die Rede. Ob die Gesetzesänderung tatsächlich mehr Sicherheit verspricht, haben wir in dem heutigen Blogbeitrag für Sie beleuchtet.
Erschreckende Zahlen: Von mehr als 14.000 Fällen war 2017 im Zusammenhang mit durch fehlerhafte Medizinprodukte hervorgerufenen Problemen die Rede.
Ursachen für fehlerhafte Medizinprodukte
Im Jahr 2017 seien Recherchen zu Folge mehr als 14.000 Fälle in Deutschland gemeldet worden, in denen es im Zusammenhang mit Medizinprodukten zu Verletzungen, Todesfällen und anderen Problemen gekommen sei. 2016 belief sich diese Zahl laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) noch auf lediglich 12.000 Fälle. In der Kritik stehen insbesondere Implantate, also sämtliche Produkte, die dauerhaft in den Körper eingesetzt werden – von Herzkathetern über Hüftprothesen bis hin zu Brustimplantaten. Das Problem besteht aber nicht nur innerhalb der Bundesrepublik. In mehr als 30 Ländern weltweit sollen fehlerhafte Medizinprodukte für den Tod zehntausender Patienten verantwortlich sein. Die gesetzlichen Krankenkassen sehen die Ursache dafür in einem Mangel an Regelungen und Vorgaben, was die Einführung von schädlichen Medizinprodukten leicht möglich mache.
Auch die Tatsache, dass Medizinprodukte – anders als Arzneimittel – kein behördliches Zulassungsverfahren durchlaufen müssen, gilt als problematisch. So muss der Hersteller lediglich nachweisen, dass sein Produkt sicher ist und die beschriebenen Leistungen auch tatsächlich erfüllt. Oft genügt als Nachweis bereits die Vergabe des CE-Zeichens durch die „Benannten Stellen“. Kritiker merken an, dass das Prüfverfahren hier nicht selten nur auf dem Papier stattfände. Eine Kontrolle durch staatliche Stellen fehlt ganz.
Die neue EU-Medizinprodukteverordnung
Bislang regelt das Medizinproduktegesetz (MPG) noch den Verkehr von Medizinprodukten in Deutschland. Dies ändert sich jedoch im Mai 2020, wenn die am 25. Mai 2017 in Kraft getretene EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) rechtlich bindend wird. Ärzte und Hersteller von Medizinprodukten müssen mit umfassenden Änderungen rechnen, die insbesondere eine strengere Überwachung vor und nach Einführung neuer Medizinprodukte betreffen. So sieht die neue MDR vor, dass die Benannten Stellen dazu befugt sind, unangekündigte Stichproben und Produktprüfungen durchzuführen. Auf diese Weise will man das von unsicheren Medizinprodukten ausgehende Risiko minimieren. Außerdem soll der Prüfungsprozess bei der Auswahl der Zertifizierungsstellen zukünftig vereinheitlicht werden. Bislang konnten die EU-Länder diesbezüglich weitgehend unabhängig agieren. Auch die Medizinprodukte selbst sollen dann von einem internationalen Expertenpanel geprüft werden. Dabei entfällt der Bestandsschutz. Alle bisher genehmigten Medizinprodukte sind also nochmals nach den neuen Anforderungen zu zertifizieren.
Geänderte Klassifizierung von Medizinprodukten
Eine weitere zentrale Neuerung betrifft die Klassifizierung von Medizinprodukten. Diese werden in drei Klassen eingeteilt, wobei Klasse I Medizinprodukte mit einem geringen Verletzungsrisiko für den menschlichen Körper umfasst und Klasse III die höchste Risikoklasse darstellt. Bei Klasse I-Produkten war es Herstellern bislang möglich, das Konformitätsverfahren eigenverantwortlich durchzuführen. Dadurch zeigt man, dass ein Produkt den „Grundlegenden Anforderungen“ entspricht. Die neue MDR erweitert die Klasse I jedoch um die Klasse Ir, die alle wiederverwendbaren Medizinprodukte umfasst. Das betrifft in erster Linie diverse chirurgische Instrumente. Bei diesen können Hersteller das Konformitätsverfahren nun nicht länger in Eigenregie durchlaufen. Bis 2020 müssen alle Produkte, die unter die neue Klasse fallen, von einer Benannten Stelle zertifiziert werden, was für Medizinproduktehersteller mit einem enormen Mehraufwand verbunden ist.
Chirurgische Instrumente werden fortan der neuen Klasse „Ir“ (wiederverwendbare Medizinprodukte) zugeordnet. Für Hersteller hat das entscheidende Konsequenzen.
Zukünftig höhere Sicherheitsstandards
Nichtsdestotrotz sollten alle Beteiligten ihr möglichstes tun, um das Inverkehrbringen fehlerhafter Medizinprodukte im Sinne des Patientenwohls so gut es geht einzudämmen. Mediziner und Hersteller von Medizinprodukten sind dazu angehalten, die von der EU beschlossenen strengeren Sicherheits- und Qualitätsstandards einzuhalten und ihre Arbeit transparenter zu machen. Das umfasst auch die strenge Beachtung der Meldepflicht. Sollte es zu Problemen im Zusammenhang mit Medizinprodukten gekommen sein, muss das unverzüglich gemeldet werden. Ob die neue EU-Richtlinie zukünftig mehr Sicherheit und weniger fehlerhafte Implantate verspricht, bleibt abzuwarten. Die strengeren Qualitätskontrollen geben zwar Grund zur Hoffnung. Letztlich hängt jedoch alles von der tatsächlichen Umsetzung der neuen Gesetzesvorlage ab. Da Patientensicherheit oberste Priorität haben sollte, sind Mediziner dazu aufgefordert, die Änderungen ernst zu nehmen.
Haben Sie noch Fragen zum Thema oder benötigen Sie Unterstützung bei der sicherheitstechnischen Betreuung ihres Gesundheitsbetriebs? Das Team von der BAU MEDIZINTECHNIK GmbHhilft Ihnen gerne. Kontaktieren Sie uns telefonisch, per Mail oder persönlich in unserer Niederlassung im nordrhein-westfälischen Remscheid. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören!